Fragestellungen der Studie:

  • Was sagt die Forschung zum Modell der drei Basisdimensionen von Unterrichtsqualität: effektive Klassenführung, konstruktive Unterstützung, kognitive Aktivierung?

Rezension zur Studie

Praetorius, A.-K., Klieme, E., Herbert, B. & Pinger, P. (2018). Generic dimensions of teaching quality: the German framework of Three Basic Dimensions. ZDM, 50(3), 407–426.FIS Bildung

Unterrichtsqualität lässt sich unterschiedlich konzeptualisieren, jedoch ist im deutschsprachigen Raum das Modell der drei Basisdimensionen – effektive Klassenführung, konstruktive Unterstützung und kognitive Aktivierung – besonders stark vertreten und findet in zahlreichen Forschungsarbeiten Verwendung.

Praetorius, Klieme, Herbert und Pinger skizzieren in ihrer Übersichtsarbeit (Review) die theoretische Fundierung des Modells und geben einen Überblick zum Forschungsstand, basierend auf Befunden aus 39 Forschungsarbeiten, welche sie zuvor mittels einer gezielten Recherche in den Literaturdatenbanken Education Resources Information Center (ERIC) und Fachinformationssystem Bildung (FIS Bildung) selektierten.

Die Synthese der empirischen Arbeiten zeigt, dass die Messgenauigkeit (Reliabilität) der Basisdimensionen in den meisten Studien zufriedenstellend ausfällt, allerdings reichen die Basisdimensionen nicht immer aus, um Unterrichtsqualität allumfassend zu beschreiben. Daneben ergeben sich teilweise inkonsistente Ergebnisse bezüglich der erwarteten positiven Zusammenhänge zwischen den Basisdimensionen und ihren Wirkungen auf Schülerebene (schulische Leistungen sowie Motivation). Zu beachten ist hierbei, dass die Studienergebnisse nur eingeschränkt vergleichbar sind, u. a. aufgrund unterschiedlicher Erhebungsinstrumente und der jeweils erfassten Perspektiven (Schülerinnen und Schüler, Lehrkräfte, Beobachtende).

Das Autorenteam resümiert, dass die drei Basisdimensionen ein vielversprechendes Modell zur Erfassung der Unterrichtsqualität darstellen, sie plädieren allerdings für die Entwicklung eines einheitlichen Erhebungsinstruments, die Integration weiterer Dimensionen und die stärkere Beachtung von Design- und Messaspekten.

Das Autorenteam trägt mit dieser Arbeit dazu bei, ein gemeinsames Verständnis für das Thema „Unterrichtsqualität“ zu entwickeln. Das Modell der drei Basisdimensionen stellt eine empirisch begründete Vereinfachung dar und erscheint aufgrund der integrierten theoretischen Bezüge als gut geeignet für die praxisbezogene Beschäftigung mit Unterrichtsqualität, z. B. im Rahmen der Schul- und Unterrichtsentwicklung. Deutlich wird aber auch, dass zusätzliche fächerübergreifende und fächerspezifische Aspekte von Unterrichtsqualität im Modell fehlen und Unterrichtsqualität erst im Zusammenspiel mit weiteren Bedingungen wirksam wird.

Nachfolgende Reflexionsfragen sind ein Angebot, die Befunde der rezensierten Studie auf das eigene Handeln als Lehrkraft oder Schulleitungsmitglied zu beziehen und zu überlegen, inwiefern sich Anregungen für die eigene Handlungspraxis ergeben. Die Befunde der rezensierten Studien sind nicht immer generalisierbar, was z. B. in einer begrenzten Stichprobe begründet ist. Aber auch in diesen Fällen können die Ergebnisse interessante Hinweise liefern, um über die eigene pädagogische und schulentwicklerische Praxis zu reflektieren.

Reflexionsfragen für Lehrkräfte:

  • Was macht für mich guten Unterricht aus?
  • Welchen Einfluss hat mein Unterricht auf die schulische und motivationale Entwicklung der Schülerinnen und Schüler?
  • Wie kann ich meinen Unterricht strukturiert geführt, konstruktiv unterstützend und kognitiv aktivierend gestalten?
  • Wie kann ich Rückmeldungen zu meinem Unterricht einholen, um die Unterrichtsqualität zu erhöhen?
  • Welchen Fortbildungsbedarf habe ich im Bereich Unterrichtsqualität?

Reflexionsfragen für Schulleitungen:

  • Welcher Bedarf besteht in meinem Kollegium an Fortbildungen zur Unterrichtsqualität?
  • Nach welchen Beobachtungs- und Bewertungskriterien wird an meiner Schule bei Unterrichtsbesuchen vorgegangen?
  • Wie können kollegiale Hospitationen, Rückmeldungen und Feedback zu einer positiven Schulentwicklung beitragen?

Schulischer Unterricht hat einen großen Einfluss auf die Entwicklung von Schülerinnen und Schülern, und die Forderungen nach gutem, qualitätsvollem Unterricht werden immer lauter. Doch was genau ist Unterrichtsqualität? Wie kann sie gemessen und beobachtet werden? Und welche Merkmale kennzeichnen qualitätsvollen Unterricht?

Zur Beschreibung und Messung von Unterrichtsqualität existieren in der Unterrichtsqualitätsforschung verschiedene Konzepte und Modelle (z. B. Helmke, 2009; Pianta, La Paro & Hamre, 2008; Meyer, 2004). Praetorius, Klieme, Herbert und Pinger widmen sich in ihrem Review-Artikel dem Modell der drei Basisdimensionen der Unterrichtsqualität, welches im deutschsprachigen Raum prominent vertreten ist. Gemäß ihren Ausführungen geht dieses Modell zurück auf die Forschungsarbeiten von Baumert et al. (1997) zur Erweiterung der TIMSS-Videostudie aus dem Jahr 1995 (Stigler & Hiebert, 1999). Hierbei wurde der Mathematikunterricht zufällig ausgewählter Schulklassen aus der Perspektive der Lehrkraft, der Schülerinnen und Schüler sowie externer Beobachtender bewertet. In einer anschließenden Faktorenanalyse zeigte sich eine dreidimensionale Struktur der Unterrichtsqualität (Klieme, Schümer & Knoll, 2001):

  1. Strukturierte Klassenführung: Diese Dimension bezieht sich auf die effektive Nutzung der Unterrichtszeit durch den richtigen Umgang mit Störungen und das Herstellen beziehungsweise Aufrechterhalten von Ordnungsstrukturen im Klassenzimmer.
  2. Konstruktive Unterstützung: Diese Dimension beinhaltet Interaktionen zwischen der Lehrkraft und den Lernenden und deren Beziehungsqualität.
  3. Kognitive Aktivierung: Diese Dimension beschreibt den Grad der aktiven Auseinandersetzung der Schülerinnen und Schüler mit den Unterrichtsinhalten.

Ziel des Review-Artikels von Praetorius et al. ist es, einen Überblick über die theoretische Fundierung des Modells zu geben, bisherige Evidenzen bezüglich der Modellgüte zusammenzufassen sowie Stärken und Schwächen des Modells aufzuzeigen.

Einleitend beschreibt das Autorenteam die unterrichtstheoretische Begründung des Modells. Hierfür nehmen sie Bezug auf die von Diederich und Tenorth (1997) identifizierten drei Bedingungen für gelingenden Unterricht: Aufmerksamkeit, Motivation und Verständnis. Der Grad, in dem die Lehrkraft versucht, diese Bedingungen einzulösen, könne durch die drei Basisdimensionen der Unterrichtsqualität beschrieben werden: Die strukturierte Klassenführung sei Voraussetzung für die Aufmerksamkeit der Schülerinnen und Schüler. Für die Entwicklung von Lernmotivation benötigten Schülerinnen und Schüler die konstruktive Unterstützung von Seiten der Lehrkraft. Entscheidend für gelingende Lern- und Verstehensprozesse sei die kognitive Aktivierung.

Die Relevanz des Modells machen die Autorinnen und Autoren anhand der Auswirkungen auf die Entwicklung der Schülerinnen und Schüler deutlich. Sowohl kognitive Merkmale (z. B. schulische Leistungen) als auch sozio-emotionale Merkmale (z. B. Motivation, Interesse) der Schülerinnen und Schüler würden durch das Unterrichtsgeschehen beeinflusst. Dies ließe sich durch die Faktoren Lernzeit, Selbstbestimmung sowie kognitiv-konstruktives Lernen erklären: Durch eine gut strukturierte Klassenführung erhöhe sich die tatsächliche Lernzeit. Eine gute konstruktive Unterstützung befriedige die psychologischen Grundbedürfnisse nach Kompetenzerleben, Autonomie sowie sozialer Eingebundenheit (siehe Selbstbestimmungstheorie nach Ryan & Deci, 2000). Das kognitiv-konstruktive Lernen, welches durch tieferes Verständnis und flexiblere Wissensstrukturen geprägt sei, werde durch eine höhere kognitive Aktivierung gefördert.

Um Unterrichtsqualität beobachten und messen zu können, benötigt man entsprechende Messinstrumente. Diese helfen dabei, die einzelnen Aspekte greifbar, beschreibbar und messbar zu machen. Da hierfür allerdings kein einheitliches Instrument existiert, werden in unterschiedlichen empirischen Arbeiten verschiedene Messinstrumente verwendet. Die Autorinnen und Autoren widmen sich daher der Frage, inwieweit die drei Basisdimensionen unabhängig vom Unterrichtsfach und der Klassenstufe eine geeignete (d. h. reliable und valide) Möglichkeit zur Messung der Unterrichtsqualität darstellen.

Durch den systematischen Vergleich verschiedener Publikationen, denen das Modell der drei Basisdimensionen zugrunde liegt, möchten die Autorinnen und Autoren einen Überblick über Befunde zu folgenden Fragen geben:

  1. Reliabilität: Wie genau wird die Unterrichtsqualität durch die drei Basisdimensionen gemessen?
  2. Konstruktvalidität: Kann die Dreiteilung der Unterrichtsqualität in (1.) strukturierte Klassenführung, (2.) konstruktive Unterstützung und (3.) kognitive Aktivierung durch statistische Analysen bestätigt werden?
  3. Prognostische Validität: Können durch die Messung der Unterrichtsqualität Merkmale auf Schülerebene vorhergesagt werden (z. B. Leistung und Motivation)?

Bezüglich der prognostischen Validität erwarten die Autorinnen und Autoren einen positiven Effekt der strukturierten Klassenführung auf die Schülerleistung sowie auf motivationale Variablen. Im Vergleich dazu wird für die konstruktive Unterstützung lediglich ein positiver Effekt auf motivationale Variablen und nicht auf die Schülerleistung erwartet. Für die kognitive Aktivierung wiederum wird lediglich ein positiver Effekt auf die Schülerleistung, nicht jedoch auf motivationale Variablen erwartet.

Literaturrecherche und Auswahlkriterien. Um einen Überblick über den Forschungsstand geben zu können, wurde eine Literaturrecherche nach relevanten Publikationen durchgeführt. Für diese Recherche wurden die internationale Literaturdatenbank Education Resources Information Center (ERIC) und die deutsche Literaturdatenbank Fachinformationssystem Bildung (FIS Bildung) verwendet. In die engere Auswahl kamen Publikationen, welche die vorher definierten Suchbegriffe enthielten, sowie Publikationen, welche die zentralen Arbeiten von Klieme et al. (2001) oder Lipowsky et al. (2009) zitierten. Für die Auswahl der Publikationen galten folgende Kriterien:

  • Bei der Publikation handelt es sich um eine quantitative empirische Studie.
  • Das Modell der drei Basisdimensionen stellt die Grundlage der Studie dar.
  • Die Operationalisierung der Basisdimensionen ist beschrieben oder eine Quelle mit der Beschreibung ist benannt.
  • Die Ratings und Items beziehen sich nicht auf direkt beobachtbares Verhalten, sondern erfordern von den Beobachtenden einen hohen Grad an Schlussfolgerungen (d. h. sie sind hoch inferent).

Auf diese Weise konnten 39 Publikationen herangezogen werden, welche sich auf insgesamt 21 Studien beziehen. Die Studien unterschieden sich im untersuchten Unterrichtsfach, in der untersuchten Jahrgangsstufe, in der Perspektive (Befragung von Lehrkräften bzw. Schülerinnen und Schülern, externe Beobachtung des Unterrichts) und in den erhobenen Subdimensionen der Skalen.

Reliabilität. Die Reliabilität ist ein Maß der Messgenauigkeit und gibt an, wie zuverlässig ein Merkmal (hier: Unterrichtsqualität) gemessen wird. In den meisten Publikationen wurden Maße der Reliabilität berichtet, so dass die Spannweite der Reliabilität, getrennt nach Basisdimension und Beobachterperspektive, bestimmt werden konnte. Als Angabe zur Reliabilität wird beispielsweise häufig Cronbachs Alpha verwendet. Dieser Wert gibt an, wie gut eine Gruppe von Items in einer Skala dasselbe Konstrukt misst. Je näher dieser Wert an 1 ist, desto größer ist die Reliabilität.

Konstruktvalidität. Die Konstruktvalidität beschäftigt sich mit der Frage, ob das Messinstrument alle theoretisch hergeleiteten Facetten eines Merkmals (hier: drei Basisdimensionen der Unterrichtsqualität) erfasst. Es konnten sechs Studien identifiziert werden, welche Ergebnisse zur Überprüfung der Konstruktvalidität berichteten. Hierfür wurden in jeweils drei Studien konfirmatorische beziehungsweise explorative Faktorenanalysen verwendet. Diese Analysen untersuchen, ob sich in den Daten eine Struktur finden lässt, so dass mehrere Variablen zu sogenannten Faktoren zusammengefasst werden können.

Prognostische Validität. Die prognostische Validität überprüft, wie gut das gemessene Merkmal (hier: Unterrichtsqualität) andere Merkmale voraussagen kann. Für die Überprüfung der prognostischen Validität wurden jene Studien herangezogen, welche den Zusammenhang zwischen der Unterrichtsqualität und Merkmalen auf Schülerebene untersuchten. Hierbei beschränkten sich die Autorinnen und Autoren auf empirische Arbeiten mit einem längsschnittlichen Mehrebenendesign. Bezogen sich mehrere Publikationen auf die Daten derselben Studie, so wurde nur eine Publikation pro Studie und pro untersuchte Variable ausgewählt. Auf diese Weise konnten sieben Publikationen für einen Vergleich herangezogen werden.

Auswertung. Die Autorinnen und Autoren sammelten die Ergebnisse bestehender Studien, um einen Überblick über den aktuellen Forschungsstand und die Übereinstimmung/Konsistenz der Ergebnisse zu geben. Im Anschluss daran zeigten sie anhand einer kleinen Beobachtungsstudie, wie das Modell der drei Basisdimensionen genutzt werden kann, um die Unterrichtsqualität zu messen. Hierfür wurden zwei Beobachtende im Umgang mit den Bewertungskriterien geschult. Anschließend bewerteten sie anhand dieser Kriterien drei auf Video aufgezeichnete Unterrichtsstunden im Fach Mathematik.

Subdimensionen der Unterrichtsqualität
Die empirisch hergeleiteten und unterrichtstheoretisch begründeten Basisdimensionen der Unterrichtsqualität wurden in den verschiedenen Studien mithilfe unterschiedlicher Fragen beziehungsweise Items erfasst. Die Autorinnen und Autoren identifizieren folgende Subdimensionen eines qualitätsvollen Unterrichts:

Strukturierte Klassenführung:

  • (Fehlen von) Störungen und Disziplinprobleme
  • (effektive) Zeitnutzung, tatsächliche Lernzeit
  • Monitoring, Allgegenwärtigkeit
  • klare Regeln und Routinen

Konstruktive Unterstützung:

  • Unterstützung des Kompetenzerlebens
    • Differenzierung und individuelle Unterstützung
    • Unterrichtstempo
    • konstruktiver Umgang mit Fehlern
    • konstruktives Feedback, Wertschätzung
  • Unterstützung des Autonomieerlebens
    • Interesse und Relevanz
    • (kein) Leistungsdruck und Wettbewerb
    • individuelle Wahlmöglichkeiten
  • Unterstützung der sozialen Eingebundenheit
    • Verhalten der Lehrkraft gegenüber den Schülerinnen und Schülern
    • Verhalten der Schülerinnen und Schüler gegenüber der Lehrkraft
    • Verhalten der Schülerinnen und Schüler untereinander

Kognitive Aktivierung:

  • Herausfordernde Aufgaben und Fragen
  • Explorieren und Aktivieren des Vorwissens der Schülerinnen und Schüler
  • Explorieren der Denkweisen der Schülerinnen und Schüler
  • Einstellung der Lehrkraft zum Lernen
  • diskursives und ko-konstruktives Lernen
  • genetisch-sokratisches Lehren
  • Unterstützung der Metakognition

Reliabilität
Für die Bewertung der Messgenauigkeit wird in den meisten Studien Cronbachs Alpha als Maß für die Reliabilität verwendet. Mit Werten zwischen .62 und 1.00 liegt die Reliabilität in den meisten Fällen im zufriedenstellenden Bereich. Die Basisdimensionen der Unterrichtsqualität können laut den Autorinnen und Autoren demnach in verschiedenen Studien hinreichend messgenau erhoben werden.

Konstruktvalidität
Die dreifaktorielle Struktur der Unterrichtsqualität wird mittels konfirmatorischer Faktorenanalyse in drei Studien und mittels exploratorischer Faktorenanalyse in einer Studie bestätigt. Zwei weitere Studien identifizieren in ihren Analysen mehr als drei Dimensionen, da neben den drei Basisdimensionen auch weitere Aspekte der Unterrichtsqualität erhoben wurden. Trotzdem sind auch in diesen Faktorenstrukturen Dimensionen enthalten, welche inhaltlich identisch beziehungsweise ähnlich zu den drei Basisdimensionen sind.

Prognostische Validität
In Bezug auf die prognostische Validität können die Autorinnen und Autoren ihre Hypothesen nur teilweise bestätigen. Studien, die die Zusammenhänge zwischen Schülerleistungen und Unterrichtsqualität untersuchen, kommen zu gemischten Ergebnissen. Von zehn berichteten Effekten zwischen den Schülerleistungen und der strukturierten Klassenführung sind nur sechs Effekte signifikant positiv. Von sechs berichteten Effekten zwischen Schülerleistungen und der kognitiven Aktivierung sind nur drei Effekte signifikant positiv. Entgegen den Erwartungen gibt es zusätzlich in einer von neun Studien einen signifikant positiven Zusammenhang zwischen Schülerleistungen und der konstruktiven Unterstützung.

Auch die Ergebnisse zu den Zusammenhängen zwischen motivationalen Variablen und den Basisdimensionen der Unterrichtsqualität unterscheiden sich zwischen den Studien. Von sechs berichteten Effekten zwischen motivationalen Variablen und der strukturierten Klassenführung ist nur ein Effekt signifikant positiv, zwei Effekte sind signifikant negativ. Von sechs berichteten Effekten zwischen motivationalen Variablen und der konstruktiven Unterstützung sind nur zwei Effekte signifikant positiv. Entgegen der Erwartung gibt es zusätzlich in einem von zwei berichteten Fällen einen signifikant positiven Zusammenhang zwischen motivationalen Variablen und der kognitiven Aktivierung.

Die statistischen Kennwerte aller Effekte der sieben Studien, welche die prognostische Validität untersuchten, sind in einer ausführlichen Tabelle im Artikel dargestellt.

Beobachtungsstudie
Um aufzuzeigen, wie das Modell der drei Basisdimensionen Verwendung finden kann, schloss sich an den Überblick zum aktuellen Forschungsstand eine kleine Beobachtungsstudie an. Hierbei wurden drei Unterrichtsstunden des Fachs Mathematik von zwei geschulten Beobachtenden anhand der dargestellten Subdimensionen bewertet. Es werden deutliche Unterschiede zwischen den drei Lehrkräften, deren Unterricht bewertet wurde, gefunden. Die Ausprägungen der einzelnen Subdimensionen zeigen deutliche Unterschiede in den verschiedenen Aspekten der Unterrichtsqualität. Das Modell der drei Basisdimensionen stellt demnach eine Möglichkeit dar, Unterrichtsqualität zu messen und detailliert zu beschreiben, so dass dabei unterschiedliche Aspekte beleuchtet werden können.

Hintergrund
Es gelingt dem Autorenteam sehr gut, Relevanz und Ziel ihres Review-Artikels deutlich zu machen: Das Autorenteam gibt einen systematischen Überblick über theoretische Hintergründe, bisherige Studien und Evidenzen sowie Stärken und Schwächen des Modells der drei Basisdimensionen. Außerdem machen sie die Relevanz der Unterrichtsqualität durch theoretisch begründete und empirisch überprüfte Zusammenhänge mit Schülervariablen deutlich. Das Modell der drei Basisdimensionen wurde zwar ursprünglich für den Mathematikunterricht entwickelt, soll aber einen generischen Charakter aufweisen. Daher sollte es über verschiedene Unterrichtsfächer und Klassenstufen hinweg generalisierbar sein.

Design
Die Idee des Autorenteams, bisherige Studienergebnisse zu sammeln und zusammenzufassen, erscheint sinnvoll und nachvollziehbar. Ihr Vorgehen hierbei ist an manchen Stellen jedoch nicht im Detail beschrieben. So wird im Artikel auf eine Liste mit Suchbegriffen verwiesen, welche allerdings nicht zugänglich ist. Des Weiteren beschreiben die Autorinnen und Autoren zwar ihre Auswahlkriterien, allerdings ist unklar, wie groß die Anzahl der zur Verfügung stehenden Publikationen tatsächlich war. Hier wäre eine ausführlichere Beschreibung der Studienauswahl wünschenswert. Die Strenge der Auswahlkriterien ist möglicherweise ebenfalls kritisch zu sehen, da das Autorenteam auf diese Weise die inhaltliche und methodische Breite der aufgenommenen Studien stark kontrolliert und begrenzt. Hierdurch wird womöglich kein allumfassendes Bild des aktuellen Forschungsstandes zur Unterrichtsqualität abgebildet.

Da es sich bei der vorliegenden Arbeit um einen Review-Artikel handelt, führte das Autorenteam auf Basis der ausgewählten Studien selbst keine statistischen Analysen durch. Es werden lediglich Forschungsergebnisse dargestellt und kritisch betrachtet. Die genauen Untersuchungsdesigns der einzelnen Studien wurden von den Autorinnen und Autoren dieses Artikels nicht mehr explizit beschrieben. Sie müssen den einzelnen Studien selbst entnommen werden.

Bei einer ausreichenden Zahl bestehender Studien würde eine Metaanalyse, wie sie beispielsweise von Seidel und Shavelson (2007) durchgeführt wurde, eine weitergehende Untersuchungsmethode darstellen. Auf diese Weise könnte neben der inhaltlichen auch eine statistische Zusammenfassung der bisherigen Befunde erfolgen. Durch den theoretischen Überblick und die Recherche relevanter Publikationen stellt die Überblicksarbeit von Praetorius et al. hierfür schon einen wichtigen ersten Schritt dar.

Ergebnisse
Praetorius, Klieme, Herbert und Pinger gelingt es mit ihrem Artikel, die Stärken des Modells der drei Basisdimensionen herauszuarbeiten. Das Modell, welches ausgehend von empirischen Studien entwickelt wurde, lässt sich auch unterrichtstheoretisch begründen. Es erlaubt eine detaillierte Beschreibung der beobachteten Unterrichtsqualität und liefert trotz der Sparsamkeit eine klare Struktur der vielen Einzelaspekte von Unterrichtsqualität. Dies zeigt sich auch in der kleinen Beobachtungsstudie, welche an die Überblicksarbeit anschließt: Mithilfe der drei Basisdimensionen und ihrer Subdimensionen konnten deutliche Unterschiede in den Aspekten der Unterrichtsqualität zwischen drei Unterrichtsstunden detailliert beschrieben werden.

In der Theorie soll das Modell der drei Basisdimensionen über alle Unterrichtsfächer und Klassenstufen hinweg anwendbar sein. Um diesen generischen Charakter zu untersuchen, schlossen die Autorinnen und Autoren der Arbeit Studien basierend auf unterschiedlichen Daten in ihren Vergleich ein. Die zufriedenstellende Reliabilität weist zwar darauf hin, dass die Unterrichtsqualität mittels der drei Basisdimensionen hinreichend messgenau erhoben werden kann, auch unabhängig vom Unterrichtsfach und der Klassenstufe. Diese Generalisierbarkeit muss mit Blick auf die ausgewählten Studien allerdings kritisch betrachtet werden. Auch die Autorinnen und Autoren betonen, dass insbesondere die kognitive Aktivierung fachspezifisch zu interpretieren ist. Der Großteil der Arbeiten untersucht den Unterricht im mathematisch-naturwissenschaftlichen Bereich und fokussiert sich auf die Sekundarstufe. Zwar wurden auch Studien mit anderen untersuchten Unterrichtsfächern (Deutsch, Englisch) und Klassenstufen (Primarstufe) ausgewählt, diese sind allerdings unterrepräsentiert.

In Bezug auf die prognostische Validität wurden in den analysierten Forschungsarbeiten unterschiedliche und teils inkonsistente Ergebnisse berichtet. Hierbei ist allerdings zu beachten, dass bisher kein einheitliches Erhebungsinstrument existiert. Die Operationalisierung der drei Basisdimensionen unterscheidet sich zwischen den Studien teilweise stark. Dies erschwert einen direkten Vergleich der Studien erheblich. Welchen Effekt die einzelnen Dimensionen der Unterrichtsqualität auf Schülerleistungen und auf deren Motivation haben, muss genauer untersucht werden.

Die berichteten Reliabilitätswerte weisen zwar auf eine hinreichende Messgenauigkeit hin, allerdings wäre ein standardisiertes Instrument in der Forschung zur Unterrichtsqualität nützlich. Wie die Ergebnisse zur Überprüfung der Konstruktvalidität zeigen, wäre dabei eventuell ein Einbeziehen weiterer Dimensionen sinnvoll. Um hoch qualitativen Unterricht zu beschreiben, könnte laut dem Autorenteam eine Ergänzung der drei Basisdimensionen sowohl um generische Elemente (z. B. Klarheit und inhaltliche Strukturierung) als auch um fachspezifische Aspekte (z. B. inhaltliche Korrektheit) sinnvoll sein.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die drei Basisdimensionen ein vielversprechendes Modell zur Erfassung der Unterrichtsqualität darstellen. Dem Autorenteam um Praetorius gelingt es mit diesem Review-Artikel, einen Überblick über bisherige Forschungsarbeiten zu geben und die Stärken sowie Schwächen des Modells darzustellen. Das Modell der drei Basisdimensionen der Unterrichtsqualität leistet einen wichtigen Beitrag in der Diskussion um qualitätsvollen Unterricht. Die Zusammenhänge zwischen der Unterrichtsqualität und Schülermerkmalen wie Leistung und Motivation zeigen deutlich die Relevanz des Themas. Mithilfe des Modells ist es möglich, relevante und theoretisch fundierte Aspekte des Unterrichts detailliert zu beschreiben und Unterrichtsqualität greifbar zu machen. So kann ein gemeinsames Verständnis darüber entstehen, was unter qualitätsvollem Unterricht zu verstehen ist, welche Potenziale bestehen und wie Unterricht weiterentwickelt werden kann. Dieses Modell kann deshalb wertvolle Impulse für die Schul- und Unterrichtsentwicklung liefern.

Diese Rezension wurde erstellt von:
Julia Larissa Maier, Referentin im Referat für Systementwicklung am Institut für Bildungsanalysen Baden-Württemberg (IBBW) in Stuttgart

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