Fragestellungen der Studie:

  • Warum nehmen Jugendliche mit Migrationshintergrund seltener eine Berufsausbildung auf?

Rezension zur Studie

Tjaden, J. D. (2017). Migrant Background and Access to Vocational Education in Germany: Self-Selection, Discrimination, or Both? Zeitschrift für Soziologie, 46(2), 107–123.FIS Bildung

Obwohl der Berufsausbildung eine zentrale Rolle für die Integration von Jugendlichen mit Migrationshintergrund beigemessen wird, nehmen sie seltener eine Berufsausbildung auf als Jugendliche ohne Migrationshintergrund. Dieser Unterschied wird zurückgeführt auf durchschnittlich schwächere Schulleistungen und sprachliche Fähigkeiten sowie ungünstigere strukturelle (z. B. regionale Arbeitsmarktsituation), soziodemografische (z. B. Geschlecht, Alter) und sozioökonomische Bedingungen.

Doch auch bei Berücksichtigung dieser Faktoren verbleibt eine Differenz, die u. a. durch mangelnde Informiertheit und Diskriminierungseffekte erklärt wird. In der bisherigen Forschung wurden jedoch individuelle und elterliche Bildungsaspirationen wenig beachtet, d. h., möglicherweise haben Zugewanderte größere Aufstiegsambitionen, streben vermehrt höhere Bildungsziele an und bevorzugen von sich aus höher qualifizierende schulische Bildungsgänge, anstatt eine Berufsausbildung aufzunehmen.

Vor diesem Hintergrund untersucht Tjaden anhand der Daten von 6.247 nicht-gymnasialen Jugendlichen, die in der 9. Jahrgangsstufe und zwei Jahre später befragt bzw. getestet wurden, inwieweit eine solche Selbstselektion die Unterschiede bei der Aufnahme einer Berufsausbildung zwischen Jugendlichen mit und ohne Migrationshintergrund zu erklären vermag.

Er kann zeigen, dass Jugendliche mit Migrationshintergrund eine um 13 Prozentpunkte niedrigere Wahrscheinlichkeit auf den Eintritt in eine Berufsausbildung haben, wobei dieser Unterschied bei Berücksichtigung der Bildungsaspirationen um ca. 40 % auf 8 Prozentpunkte sinkt. Darüber hinaus schlagen Jugendliche mit Migrationshintergrund anstelle der Aufnahme einer Berufsausbildung häufiger Bildungswege ein, die zu höheren Bildungsabschlüssen führen. Solche Selbstselektionsprozesse ergänzen somit gängige Erklärungsansätze, wenngleich es angesichts des fortbestehenden Unterschieds unwahrscheinlich erscheint, dass Diskriminierungseffekte gar keine Rolle spielen.

Das Untersuchungsdesign überzeugt und die Ergebnisse sind plausibel. Demnach kann es hilfreich sein, Jugendliche mit Migrationshintergrund und ihre Eltern stärker über die Attraktivität einer Berufsausbildung zu informieren und ihnen Möglichkeiten der Kombination mit einem Hochschulstudium (duales Studium) aufzuzeigen.

Nachfolgende Reflexionsfragen sind ein Angebot, die Befunde der rezensierten Studie auf das eigene Handeln als Lehrkraft oder Schulleitungsmitglied zu beziehen und zu überlegen, inwiefern sich Anregungen für die eigene Handlungspraxis ergeben. Die Befunde der rezensierten Studien sind nicht immer generalisierbar, was z. B. in einer begrenzten Stichprobe begründet ist. Aber auch in diesen Fällen können die Ergebnisse interessante Hinweise liefern, um über die eigene pädagogische und schulentwicklerische Praxis zu reflektieren.

 

Reflexionsfragen für Lehrkräfte:

  • Welche Bildungsaspirationen haben die Jugendlichen, die ich im Blick auf mögliche Berufsausbildungen berate bzw. die an unserer Schule beraten werden?
  • Wie gelangen Informationen über Berufsausbildungen an Jugendliche mit Migrationshintergrund?
  • Inwiefern beziehe ich das Elternhaus bzw. die Familie von Jugendlichen mit Migrationshintergrund bei der Berufswahlberatung mit ein?
  • Welche Maßnahmen ergreife ich, um Jugendliche mit Migrationshintergrund beim Übergang in die berufliche Bildung zu beraten? Habe ich dabei im Blick, dass die Attraktivität einer Berufsausbildung von Jugendlichen mit Migrationshintergrund und ihren Eltern möglicherweise unterschätzt wird?
  • Wie können Jugendliche mit Migrationshintergrund im Hinblick auf ihre Bewerbungsaktivitäten unterstützt werden, um einer möglichen Diskriminierung vorzubeugen?
  • Welche Berufswahlangebote werden an meiner Schule gemacht?

Reflexionsfragen für Schulleitungen:

  • Welche ideellen Bildungsaspirationen liegen in unserer Schülerschaft hauptsächlich vor?
  • Inwieweit spielen bei der Berufswahlberatung an meiner Schule die Bildungsaspirationen der Jugendlichen sowie des Elternhauses eine Rolle?
  • Welche Maßnahmen werden an meiner Schule genutzt, um die Jugendlichen an unserer Schule unabhängig von ihrer Herkunft bei der Berufswahl zu beraten? Wird dabei darauf geachtet, die Attraktivität einer Berufsausbildung adäquat darzustellen?
  • Welche Ausbildungsmöglichkeiten liegen in unserer Region vor und welche Fähigkeiten sollten unsere Schülerinnen und Schüler aufweisen, um konkurrenzfähig zu sein?

In der Einleitung stellt Tjaden fest, dass migrationsbedingte soziale Ungleichheiten beim Übergang in eine Berufsausbildung im Vergleich zu anderen Bildungsübergängen bislang wenig untersucht wurden. Er verdeutlicht, dass es sich bei Jugendlichen mit Migrationshintergrund um eine große Gruppe Heranwachsender handelt, die schulisch und beruflich zu integrieren ist und aufgrund der letzten Flüchtlingswelle zunehmend im Fokus steht. Ihre Integration in den Arbeitsmarkt sei ein bedeutendes gesellschaftspolitisches Ziel. Berufsausbildungen stellten in dem Zusammenhang ein wichtiges Vehikel dar, da Forschungsbefunde zeigten, dass Personen ohne Ausbildungsabschluss schlechtere Chancen auf dem Arbeitsmarkt hätten und daran weitere Risikofaktoren geknüpft seien.

Migrantinnen und Migranten erhielten in diesem Kontext große Aufmerksamkeit, da sie seltener eine Ausbildung antreten würden, häufiger die gymnasiale Oberstufe ohne Abschluss verlassen und auf dem Arbeitsmarkt häufiger als andere ohne abgeschlossene Berufsausbildung eine Arbeitsstelle suchen würden. Tjaden verdeutlicht, dass die Forschung versucht, die dahinterliegenden Einflussfaktoren zu analysieren. Zu diesen zählten vor allem das Humankapital, der sozioökonomische Hintergrund, soziales und kulturelles Kapital, regionale Gelegenheitsstrukturen usw.

Tjaden stellt vor diesem Hintergrund heraus, dass in den Debatten die individuellen Bildungsaspirationen bislang nur randständig berücksichtigt wurden, es jedoch genügend datengestützte Indikatoren dafür gibt, dass sie als Einflussfaktor beim Zugang zur Berufsausbildung eine Rolle spielen könnten. Anschließend stellt er heraus, dass er seine Analysen mit Hilfe von Informationen der Startkohorte 4 des Nationalen Bildungspanels (NEPS) durchführen möchte.

Im zweiten Kapitel skizziert er für die internationale Leserschaft mögliche Bildungsverläufe im deutschen Bildungssystem in der höheren Schulbildung, die in eine Berufsausbildung münden können, und betont in diesem Zusammenhang, dass dies traditionell primär über den Besuch einer Haupt- und Realschule erfolgt. Aufgrund verschiedener Entwicklungen im schulischen Bildungssystem sowie auf dem Arbeitsmarkt (u. a. neue berufliche Anforderungen, Ermöglichung flexiblerer Bildungsverläufe) seien in Deutschland im Zuge mehrerer Reformen vermehrt Schulen installiert worden, in denen mehrere Schulabschlüsse erworben werden könnten (z. B. Sekundar- und Gesamtschulen), so dass die Schulform nicht mehr so stark mit dem Erreichen bestimmter Qualifikationen verbunden sei.

Vor diesem Hintergrund ergäben sich für Schülerinnen und Schüler eine größere Zahl an Möglichkeiten weiterführender (beruflicher) Bildung: (duale) Ausbildungsprogramme, die Fortführung der Schullaufbahn mit dem Ziel der Erlangung einer (Fach-)Hochschulstudienberechtigung, berufsvorbereitende Maßnahmen oder der direkte Eintritt in den Arbeitsmarkt. Ausbildungsprogramme seien die am häufigsten gewählte Wahloption. In der bisherigen Forschung zur beruflichen Bildung habe der Fokus eher auf der Analyse von Gründen für das Scheitern einer erfolgreichen Beendigung von Ausbildungsprogrammen gelegen. Neuerdings verschiebe sich in diesem Kontext das Forschungsinteresse auf die Analyse von Mechanismen für mögliche Bildungsaufstiege in Richtung Hochschulstudium, welche von 2005 bis 2013 um 15 % angestiegen seien und bevorzugt von Migrantinnen und Migranten genutzt würden.

Im dritten Kapitel verweist Tjaden auf Studienbefunde, die Einflussfaktoren für auf ethnischer Herkunft beruhende Unterschiede beim Zugang zu einer Berufsausbildung benennen. Hierzu zählten einerseits das Humankapital (Schulnoten und Qualifikationen), das soziale und kulturelle Kapital (v. a. fehlende soziale Kontakte und Zugehörigkeit zu informellen sozialen Netzwerken für die Weitergabe von Informationen, Empfehlungen, Sprachkompetenzen etc.), Gelegenheitsstrukturen in Abhängigkeit von der geografischen Lage, dem vorhandenen Ausbildungsangebot sowie der Nachfrage durch Interessenten, Diskriminierungseffekte durch mögliche Arbeitgeber (z. B. vorurteilsbedingt) und nach ethnischer Herkunft divergierende Gruppeneffekte.

Im vierten Kapitel stellt Tjaden unter Bezugnahme auf Forschung zum individuellen Berufswahlverhalten verschiedener Ethnien heraus, dass Bildungsaspirationen einen weiteren Einflussfaktor für auf ethnischer Herkunft beruhender Unterschiedlichkeit beim Zugang zur Berufsausbildung darstellen. Er verdeutlicht, dass bisherige Studienbefunde aufgrund höher ausgeprägter Bildungsaspirationen von Migrantinnen und Migranten bei der Analyse von Zugängen zur Berufsausbildung durch unbeobachtete Negativselektion verzerrt gewesen sein könnten, so dass eine Re-Analyse des Zusammenhangs zwischen den Bildungsaspirationen und dem Zugang zur Berufsausbildung erforderlich ist. Dieser nimmt er sich in seiner Untersuchung an.

Vor dem skizzierten Hintergrund leitet er seine Fragestellung ab:
Wie wirken a priori Bildungsaspirationen auf den Unterschied beim Zugang zur Berufsausbildung zwischen Jugendlichen mit und ohne Migrationshintergrund?

Stichprobe
Zur Beantwortung der o. g. Fragestellung nutzt Tjaden Längsschnittdaten einer Stichprobe aus dem Nationalen Bildungspanel (NEPS; Startkohorte 4) von n = 6.247 Jugendlichen aus der Welle 2010 und 2012, wovon n = 1.918 einen Migrationshintergrund aufwiesen (ca. 30 %). 2012 hatten sie seit (mindestens) einem Jahr die Schule verlassen. Aus den Analysen wurden Jugendliche ausgeschlossen, die ihren Bildungsweg an einer gymnasialen Oberstufe fortsetzen oder eine Hauptschule besucht haben und bereits 2010 ihren Status geändert haben. Die Panelmortalität von 2010 auf 2012 lag bei 34,4 % und wurde durch entsprechende Kontrollmaßnahmen in den Berechnungen berücksichtigt. Fehlende Werte wurden mit dem Verfahren der multiplen Imputation geschätzt.

Instrumente
Als abhängige Variable wurde der Zugang zur beruflichen Bildung binär (1 = ja; 2 = nein) modelliert. Innerhalb derjenigen, die den Zugang zur beruflichen Bildung gewählt haben, wurde für vertiefende Analysen zudem unterschieden, inwiefern die Jugendlichen direkt in eine Berufsausbildung gewechselt sind oder sich darauf vorbereiten (z. B. Upgrade des Schulabschlusses, berufsvorbereitende Maßnahmen). Als unabhängige Variablen wurden der Migrationshintergrund (0 = beide Eltern in Deutschland geboren, 1 = mindestens ein Elternteil im Ausland geboren), Migrantengruppen (1 = deutsch, 2 = türkisch, 3 = russisch) sowie die eigenen und elterlichen Bildungsaspirationen (0 = unterhalb Hochschulzugang, 1 = Hochschulzugang) erhoben. Als Kontrollvariablen wurden das Geschlecht, Alter, Schulabschluss, Art der Berufsausbildung, Deutsch- und Mathematiknote, Werte der Kompetenztests in Mathematik und Deutsch sowie der sozioökonomische Hintergrund (ISEI) berücksichtigt.

Statistische Analysen
Zur Beantwortung der Fragestellung wurden zwei lineare Regressionsmodelle berechnet. Da davon auszugehen ist, dass die Beobachtungen auf Schulebene nicht unabhängig voneinander sind, wurden geclusterte Standardfehler in die Modelle integriert. Abhängigkeiten auf Klassenebene wurden geprüft, erwiesen sich jedoch nicht als relevant und blieben in den Berechnungen deswegen unberücksichtigt.

Aus den Ergebnissen wird deutlich, dass die eigenen (ß = -0.15; SE = 0.01; p < 0.001) und elterlichen Bildungsaspirationen (ß = -0.13; SE = 0.01; p < 0.001) Einfluss auf den Zugang zur Berufsausbildung haben. Sie klären ca. 40 % des Unterschieds zwischen Jugendlichen mit und ohne Migrationshintergrund auf. Diese migrationsbedingte Ungleichheit im Zugang zur Berufsausbildung unterscheidet sich nicht in Abhängigkeit von der türkischen (ß = -0,13; SE = 0.02; p < 0.001) und russischen Herkunft (ß = -0,13; SE = 0.02; p < 0.001).

Jugendliche mit Migrationshintergrund weisen eine signifikant höhere Wahrscheinlichkeit auf, alternative Ausbildungswege einzuschlagen (vor allem zum Upgrade der bislang höchsten schulischen Qualifikation, insbesondere für den (Fach-)Hochschulzugang).

Ein starker Einfluss zur Selbstselektion geht von den elterlichen Bildungsaspirationen aus, insbesondere bei männlichen Jugendlichen (Interaktionseffekt Migrationshintergrund x Geschlecht [Referenz: weiblich]: ß = -0.06; SE = 0.02; p < 0.05) und leistungsstarken Schülerinnen und Schülern. Demnach schlägt sich in der Analyse sehr deutlich ihr Streben nach Bildungsaufstieg nieder.

Nichtsdestotrotz finden sie unter Kontrolle der Bildungsaspirationen immer noch signifikant seltener den Zugang zur Berufsausbildung (ß = -0.06; SE = 0.02; p < 0.05), was Tjaden mit möglichen Diskriminierungseffekten in Verbindung bringt.

Hintergrund
Die Untersuchung von Tjaden greift vor dem Hintergrund der Diskussion über die Mechanismen des Zugangs zur Berufsausbildung ein für die Administration und für die Schule relevantes Forschungsdesiderat auf. Auf der Grundlage einer Längsschnittuntersuchung mit Daten aus der Startkohorte 4 des Nationalen Bildungspanels (NEPS) wird unter Kontrolle einer Vielzahl an Hintergrundvariablen der Einfluss von Selektionseffekten im Vergleich zwischen Jugendlichen mit und ohne Migrationshintergrund analysiert.

Die Relevanz seiner Studie ergibt sich aus der nur bedingt aufschlussreichen Studienlage zu den Mechanismen beim Zugang zur Berufsausbildung für Jugendliche mit und ohne Migrationshintergrund. Nachdem Tjaden die verschiedenen Wege zur Berufsausbildung skizziert und Einflussfaktoren für ethnische Disparitäten beim Zugang zur Berufsausbildung benannt hat, geht er auf die bislang vernachlässigte Rolle von Bildungsaspirationen in solchen Analysen ein. Er stellt heraus, dass in bisherigen Studien eine mögliche Negativselektion von Jugendlichen mit Migrationshintergrund übersehen wurde und deswegen eine vertiefte Betrachtung der Mechanismen beim Zugang zur Berufsausbildung unter Berücksichtigung der Bildungsaspirationen erforderlich ist. Auf dieser Basis wird die eigene Fragestellung abgeleitet. Die Argumentationsweise und Hinführung zur eigenen Studie erscheinen aus Sicht des Rezensenten gelungen.

Design
Die Datenherkunft, -beschaffenheit sowie -auswahl und die Durchführung der Analysen werden sehr ausführlich und gut nachvollziehbar benannt. Die Angaben zu den verwendeten Variablen werden unter Verweis auf den Anhang gegeben. Im online verfügbaren Anhang sind zudem weitere Informationen zu den Analysen einsehbar. Zur Replikation der Ergebnisse sind die Rohdaten ebenfalls online abrufbar. Durch die Clusterung der Daten auf Schulebene wird der hierarchischen Datenstruktur entsprochen. Methodische Alternativwege für die Berechnungen werden teilweise in Fußnoten kurz diskutiert.

Ergebnisse
Die Zielstellung der Untersuchung wird erreicht. Die vorgenommenen Schlussfolgerungen erscheinen plausibel: Der migrationsbedingte Unterschied zwischen den Jugendlichen mit und ohne Migrationshintergrund wird auf die hohen Bildungsaspirationen der Gruppe der Migrantinnen und Migranten zurückgeführt, was mit Studienbefunden zu ähnlichen Fragestellungen korrespondiert. Jedoch klärt dies die Unterschiede nicht komplett auf. Tjaden nimmt an, dass hier zusätzlich die Diskriminierung von Jugendlichen mit nicht deutscher Herkunft sowie ihre mangelnde Informiertheit als weitere Einflussfaktoren eine Rolle spielen könnten. Er schlussfolgert, dass somit einerseits Selbstselektionseffekte und andererseits Diskriminierungseffekte als sich ergänzende Einflüsse für die Befunde seiner Untersuchung verantwortlich sind.

Tjaden stellt weiterhin nachvollziehbar die Limitationen seiner Studie vor: Er führt an, dass seine Annahme für Diskriminierungseffekte nicht direkt getestet wurde. Jedoch wäre sie aufgrund der statistischen Kontrolle von vielen in der Literatur diskutierten Einflussfaktoren schwerlich auszuschließen. Zusätzlich führt er an, dass das angenommene Informationsdefizit wegen fehleranfälliger Messmethoden zukünftig besser operationalisiert werden muss und auch geografische Effekte nicht gänzlich ausgeschlossen werden können. Dies erscheint plausibel und sollte zukünftig näher betrachtet werden.

Neben den erwähnten Limitationen betont der Autor aber auch die Stärken seiner eigenen Untersuchung im Vergleich zur bisherigen Forschung zu der Thematik. Er sieht darin einen klaren wissenschaftlichen und integrations- bzw. migrationspolitischen Mehrwert im Kontext dieser und ähnlicher Fragestellungen: Durch die hohen Bildungsaspirationen vieler Migrantinnen und Migranten kommt es gleichzeitig zu einer Negativselektion im Bereich der Berufsausbildung hinsichtlich der Ambitionen und Fähigkeiten von Jugendlichen mit Migrationshintergrund, die in diesem Sektor ausgebildet werden.

Zukünftige Studien sollten den angenommenen Diskriminierungseffekt direkt testen. Zudem empfiehlt Tjaden den stärkeren Einbezug der Eltern bei der Berufswahl und eine bessere Informationspolitik für berufliche Perspektiven außerhalb des klassischen Hochschulstudiums, z. B. im Bereich dualer Studiengänge.

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Diese Rezension wurde erstellt von:
Dr. Mirko Krüger, PD, Lehrer an der Georg-Müller-Gesamtschule in Wetter (Ruhr) und Lehrbeauftragter an der Fakultät für Bildungswissenschaften, Universität Duisburg-Essen. Arbeitsschwerpunkte: Schul- und Schulsportentwicklung, Sprachbildung im Sportunterricht, Professionalisierung von Lehrkräften

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