Fragestellungen der Studie:
Rezension zur Studie
Aesaert, K., van Nijlen, D., Vanderlinde, R., Tondeur, J., Devlieger, I. & van Braak, J. (2015). The contribution of pupil, classroom and school level characteristics to primary school pupils' ICT competences: A performance-based approach. Computers & Education, 87, 55–69. https://doi.org/10.1016/j.compedu.2015.03.014.Kompetenzen im Umgang mit Informations- und Kommunikationstechnologien („Medienkompetenzen“) gelten als bedeutsame schulische Bildungsziele, doch es ist fraglich, inwieweit Schule zu diesen Kompetenzen beiträgt. Das Autorenteam um Aesaert untersucht daher, durch welche Faktoren sich Unterschiede in den Medienkompetenzen von Schülerinnen und Schülern erklären lassen. Dabei berücksichtigen sie Faktoren auf Individualebene (z. B. Geschlecht, Alter, kognitive und motivationale Voraussetzungen), auf Klassenebene (z. B. Einstellung und Kompetenzen der Lehrkraft bezüglich digitaler Medien, Verfügbarkeit von digitalen Medien) sowie auf Schulebene (z. B. Infrastruktur, Vision und Politik der Schule).
Für die Untersuchung wurden 378 Sechstklässlerinnen und Sechstklässler an belgischen Schulen, deren Eltern (n = 378), die Klassenlehrkräfte (n = 83) sowie die IT-Koordinatorinnen und Koordinatoren (n = 58) befragt. Daneben wurden Medienkompetenzen der Schülerinnen und Schüler per Computersimulation erhoben, mit der neben technischen und anwendungsbezogenen Fertigkeiten (z. B. eine E-Mail mit Anhang senden) auch Kompetenzen und technische Fertigkeiten höherer Ordnung getestet wurden (z. B. eine Suchmaschine nutzen und die Ergebnisse bewerten). In schrittweisen Mehrebenenanalysen wurden signifikante Einflussfaktoren identifiziert, wobei das finale Modell 36 % der Unterschiede in den Medienkompetenzen erklärt:
Einen positiven Einfluss haben Einstellungen der Eltern zu digitalen Medien, die Nutzung von selbstregulativen Lernstrategien, Intelligenz, Geschlecht (zugunsten von Mädchen), sozioökonomischer Status sowie schülerseitige Selbstwirksamkeitserwartungen bezüglich des Einsatzes von digitalen Medien. Eine eher fremdbestimmte Lernmotivation geht dagegen mit schlechteren Testleistungen einher. Auf Unterrichtsebene weist lediglich der Einsatz von digitalen Medien als Informationswerkzeug einen positiven Effekt auf.
Im Ergebnis werden die Unterschiede in den Medienkompetenzen vor allem durch individuelle bzw. familiäre Faktoren erklärt. Zur Steigerung dieser Kompetenzen erscheint es daher zweckmäßig, lernwirksame Medienkonzepte zu entwickeln, zu implementieren und individuelle Unterschiede der Schülerinnen und Schüler in den o. g. Einflussfaktoren im Unterricht mit digitalen Medien möglichst zu berücksichtigen.
Nachfolgende Reflexionsfragen sind ein Angebot, die Befunde der rezensierten Studie auf das eigene Handeln als Lehrkraft oder Schulleitungsmitglied zu beziehen und zu überlegen, inwiefern sich Anregungen für die eigene Handlungspraxis ergeben. Die Befunde der rezensierten Studien sind nicht immer generalisierbar, was z. B. in einer begrenzten Stichprobe begründet ist. Aber auch in diesen Fällen können die Ergebnisse interessante Hinweise liefern, um über die eigene pädagogische und schulentwicklerische Praxis zu reflektieren.
Reflexionsfragen für Lehrkräfte:
Reflexionsfragen für Schulleitungen:
Medienkompetenzen. Sowohl national als auch international sind in den letzten Jahren Kompetenzen von Schülerinnen und Schülern im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologie in den Fokus der Forschung gerückt. So wurde in den Jahren 2013 und 2018 mit der International Computer and Information Literacy Study (ICILS; Bos et al., 2014, Eickelmann et al., 2019) ein internationaler Ländervergleich der Schülerinnen und Schüler der achten Jahrgangsstufe durchgeführt. Medienkompetenzen sind außerdem in der deutschen Schullandschaft ein zentrales Thema, was mit der Veröffentlichung der KMK-Standards zur Bildung in einer digitalen Welt (KMK, 2017) noch einmal unterstrichen wurde. Die KMK-Standards bestehen aus Kompetenzen in den Bereichen 1) Suchen, Verarbeiten und Aufbewahren, 2) Kommunizieren und Kooperieren, 3) Produzieren und Präsentieren, 4) Schützen und sicher Agieren, 5) Problemlösen und Handeln sowie 6) Analysieren und Reflektieren und sind mittlerweile Bestandteil der Medienbildung in den Bildungsplänen der Bundesländer.
Das Autorenteam aus Belgien zitiert Martin (2006), der beschreibt, wie sich das Konzept von Medienkompetenz (ICT literacy) in den letzten Jahrzehnten verändert hat: Bis Mitte der Achtzigerjahre wurde damit vor allem das Wissen über Computer sowie die Fähigkeit, mit diesen umzugehen und zu programmieren, gemeint. Danach galt bis Ende der Neunzigerjahre als digital kompetent, wer digitale Medien praktisch für seine Zwecke einsetzen konnte. Seit der Jahrtausendwende steht mehr das reflektierte Benutzen von Computern im Mittelpunkt.
Diese Fortentwicklung des Kompetenzbegriffs zeigt sich auch in den von dem Autorenteam zitierten ISTE-Standards (International Society for Technology and Education, 2007), die inhaltlich vergleichbar mit den aktuellen KMK-Standards sind.
Das EDC-Modell. Das Autorenteam greift für die Studie auf das extensive digital competence model (im Folgenden EDC-Modell) zurück. Das EDC-Modell wurde empirisch überprüft und validiert (Aesaert & van Braak, 2014; Aesaert, van Nijlen‚ Vanderlinde & van Braak, 2014) und beinhaltet Einflussfaktoren auf die Medienkompetenzen von Schülerinnen und Schülern auf mehreren Ebenen:
Es wird angenommen, dass Voraussetzungen auf der Schulebene die Umsetzung im Unterricht beeinflussen und dass die Klassenebene Einfluss auf einzelne Variablen der Individualebene nimmt. Die Medienkompetenzen der Schülerinnen und Schüler werden in dem Modell durch alle drei Ebenen beeinflusst. Dabei wird Medienkompetenz sowohl durch Wissen und Fertigkeiten in Bezug auf Technik und Software als auch durch Fertigkeiten höherer Ordnung (Kreativität, Innovationsbereitschaft, Problemlösen und Reflexion) definiert.
Fragestellung und Ziel der Studie. In der Studie wird von dem belgischen Autorenteam mithilfe von schrittweisen Mehrebenenanalysen untersucht, welche Unterschiede in den Medienkompetenzen bei Schülerinnen und Schülern der sechsten Jahrgangsstufe sich auf Unterschiede von potenziellen Einflussfaktoren auf Schul-, Klassen- und Individualebene zurückführen lassen.
Stichprobe. Die Stichprobe bestand aus 378 Schülerinnen und Schülern aus 83 Schulen der sechsten Jahrgangsstufe in Flandern (Belgien). Dabei wurde eine geschichtete Stichprobenziehung angewandt. Die Schulen wurden zunächst einer Größe (klein: < 180 Schülerinnen und Schüler; groß: ≥ 180 Schülerinnen und Schüler) sowie einem von drei spezifischen Typen zugeordnet (finanziell unterstützte öffentliche Schule, finanziell unterstützte private Schule, öffentliche Schule). Aus den daraus entstehenden sechs Untergruppen wurden im Durchschnitt 6.52 Schülerinnen und Schüler je Schule randomisiert ausgewählt. Die Schülerinnen und Schüler hatten ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis (jeweils 50 %) und waren zwischen 10.79 und 13.85 Jahre alt (M = 12.06, SD = 0.46). Alle Schülerinnen und Schüler nahmen an einem Test zur Messung ihrer Medienkompetenzen teil und beantworteten ergänzend Fragen in einem Fragebogen. Zusätzlich wurden auch die Eltern (n = 378), die Klassenlehrerinnen und -lehrer (n = 83, 68.7 % weiblich) sowie die IT-Koordinatorinnen und -Koordinatoren der jeweiligen Schulen (n = 58, 21.8% weiblich) befragt, um weitere Informationen zu Einflussfaktoren auf Schul-, Unterrichts- und Individualebene zu erhalten.
Instrumente.
Die Reliabilität der Skalen lag zwischen .68 und .91 und damit im akzeptablen Bereich, lediglich die Skalen zu Lernstrategien wiesen niedrigere Reliabilitätswerte auf (.57 ≤ α ≤ .66), weshalb laut dem Autorenteam die hierauf bezogenen Ergebnisse mit Vorsicht zu interpretieren sind.
Auswertung. Das Autorenteam testete schrittweise unterschiedliche Modelle mithilfe von Mehrebenenanalysen. In Mehrebenenanalysen können Individual- und Gruppenvariablen gleichermaßen berücksichtigt werden. Die Schülerinnen und Schüler in der Stichprobe sind ein Teil einer größeren Gruppe (Klasse). Die Lehrkräfte der Klassen sind wiederum ein Teil der nächstgrößeren Gruppe (Schule). Da maximal drei Lehrkräfte in jeder Schule befragt wurden, verzichtete das Autorenteam allerdings auf eine Auswertung auf Schulebene. Die Variablen der Schulebene wurden als Variablen in die Klassenebene übernommen. Insgesamt wurden nacheinander acht Modelle getestet, wobei jedes Modell mit dem vorangegangenen Modell verglichen wurde. Das Ziel dieses Vorgehens war es, schrittweise signifikante Einflussfaktoren auf die Medienkompetenzen von Schülerinnen und Schülern der sechsten Jahrgangsstufe zu bestimmen und somit die Güte des Modells zu verbessern. Dabei wurden nur signifikante Einflussfaktoren in das jeweils folgende Modell übernommen.
Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler
Um die Testleistung der Schülerinnen und Schüler zu beschreiben, wurden die Testwerte standardisiert. Das bedeutet, dass der Mittelwert aller Testergebnisse auf 0 verschoben und die Varianz bzw. Standardabweichung auf 1 gestaucht wird. Durch dieses Verfahren sind die Werte leichter zu interpretieren: überdurchschnittliche Leistungen sind positiv, unterdurchschnittliche negativ. Außerdem kann davon ausgegangen werden, dass sich ein Großteil der Werte zwischen -1 und +1 befindet. Die erreichten Testwerte liegen zwischen -2.96 und 1.90. Die Mehrheit der Schülerinnen und Schüler erreicht einen durchschnittlichen oder leicht unterdurchschnittlichen Testwert.
Ergebnisse der Mehrebenenanalysen
Im Zuge der schrittweisen Prüfung der potentiellen Einflussfaktoren wurden acht verschiedene Modelle berechnet. Die Relevanz der Faktoren für die Medienkompetenzen der Schülerinnen und Schüler wurde auf Grundlage der χ²-Statistik (sprich: Chi Quadrat) und der zugehörigen p-Werte ermittelt. Die χ²-Statistik ist ein Verteilungswert und lässt in Verbindung mit dem sog. Fehler 1. Art (p-Wert) erkennen, ob die Aufnahme eines Prädiktors zu einer Modellverbesserung führt bzw. ob die jeweils neu ins Modell aufgenommenen Prädiktoren einen signifikanten Beitrag zur Erklärung der Kompetenzunterschiede zwischen den Schülerinnen und Schülern leisten. Mit dem p-Wert wird, vereinfacht ausgedrückt, die Irrtumswahrscheinlichkeit angegeben, mit der eine Modellverbesserung angezeigt wird, obwohl es sich um ein zufälliges Ergebnis handelt. Diese Irrtumswahrscheinlichkeit sollte in jedem Fall unter 5 % liegen (entspricht p = .05), dann gilt ein Ergebnis als statistisch signifikant.
In das erste Modell wurden zunächst keine potenziellen Einflussfaktoren aufgenommen, sondern es wurde lediglich der Effekt einer Unterscheidung von Individual- und Klassenebene analysiert (Nullmodell). Dabei werden zwei Aspekte deutlich: Einerseits ist die Mehrebenenanalyse einer einfachen Regression (mit nur einer Auswertungsebene) statistisch überlegen (χ² = 4.5, df = 1, p < .005). Andererseits unterscheidet sich die Varianz auf Klassenebene nicht signifikant von Null, die Intraklassenkorrelation ist niedrig (ICC = .079) und entsprechend wird nur ein kleiner Teil der Varianz durch Unterschiede zwischen den Klassen (7.91 %) und ein großer Teil der Varianz durch Unterschiede zwischen Schülerinnen und Schüler (92.09 %) erklärt. Dies deutet darauf hin, dass für die Medienkompetenzen der Schülerinnen und Schüler vor allem individuelle und weniger schulische Einflussfaktoren von Bedeutung sind.
Im Folgenden werden diejenigen Modelle bzw. Einflussfaktoren berichtet, die einen signifikanten Beitrag zur Erklärung von Unterschieden in den Medienkompetenzen leisten:
Durch alle weiteren im Abschnitt zum Design der Studie beschriebenen Variablen wird keine signifikante Verbesserung der Varianzaufklärung erreicht. Das schrittweise Hinzufügen von Einflussfaktoren erhöht die Varianzaufklärung auf Individualebene von 0.92 % auf 36.24 %. Das bedeutet, dass ein gutes Drittel der Unterschiede zwischen den Schülerinnen und Schülern durch die aufgenommenen Variablen erklärt werden kann. Dies kann als großer Effekt bewertet werden (Bortz & Döring, 2006, S. 606).
Hintergrund
Das Autorenteam bietet mit dieser Studie eine Orientierung für Schulleitungen und Lehrkräfte, die sich mit dem Thema Digitalisierung beschäftigen. Die Frage, inwieweit die Medienkompetenzen von Schülerinnen und Schülern durch individuelle und/oder schulische Faktoren beeinflusst werden, verspricht Hinweise auf die Lernwirksamkeit verschiedener Bedingungen, die für die Unterrichtsgestaltung bedeutsam sein können.
Positiv zu bemerken ist, dass das Autorenteam ihrer Untersuchung mit dem EDC-Modell ein empirisch überprüftes Modell zugrunde legt. Die Betrachtung von sowohl individuellen als auch gruppenbezogenen Einflussfaktoren erscheint bei der Fragestellung sinnvoll. Bei der Operationalisierung der Einflussfaktoren hält sich das Autorenteam eng an das Modell.
Design
Mehrere Aspekte sind im Forschungsdesign besonders gut gelungen. Erstens wurden viele Variablen sowohl auf Individual- als auch auf Gruppenebene erhoben. Auf diese Weise kann ein differenziertes Bild über verschiedene Einflussfaktoren gewonnen werden, die für die Beantwortung der Forschungsfrage von Bedeutung sind. Das Autorenteam hat zweitens auf bewährte und validierte Erhebungsinstrumente zurückgegriffen. Besonders hervorzuheben ist dabei, dass die Erhebung der Kompetenzen nicht über Selbstauskünfte der Schülerinnen und Schüler, sondern über ein validiertes Testverfahren erfolgte. Auf diese Weise werden Verzerrungen (beispielsweise durch Über- oder Unterschätzung der eigenen Fähigkeiten) vermieden. Eine solche Erhebung ist deutlich aufwändiger, aber gleichzeitig auch aussagekräftiger.
Das Autorenteam räumt selbst ein, dass für das verwendete Auswertungsverfahren (Mehrebenenanalyse) die Stichprobengröße zu gering war. Dies hat sich vor allem dadurch gezeigt, dass die im Titel der Studie angekündigte Auswertung auf Schulebene überhaupt nicht durchgeführt werden konnte. Sowohl die Stichprobengröße als auch die Tatsache, dass die Daten in einem anderen Schulsystem erhoben wurden, verringert die Generalisierbarkeit der Befunde auf das deutsche Bildungssystem. Bezüglich der Stichprobenziehung wurde mit der geschichteten Stichprobenziehung ein in der Bildungsforschung übliches Verfahren genutzt. Allerdings kann bezweifelt werden, dass auf diese Weise ein repräsentatives Abbild des belgischen Schulsystems zustande kommen konnte.
Die große Menge an erhobenen Daten kann aus forschungsethischer Sicht kritisiert werden, da es sich bei der befragten Gruppe um Kinder handelte. Auch die Operationalisierung der Variablen kann an einigen Stellen diskutiert werden. Der Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologie im Unterricht wurde beispielsweise lediglich über eine Häufigkeitsabfrage erhoben. Wünschenswert für zukünftige Studien ist ein Blick auf den Unterricht, der neben der Quantität auch die Qualität des Einsatzes von digitalen Medien berücksichtigt. Zudem kann kritisiert werden, dass bezüglich der Medienkompetenz im Testverfahren lediglich die Informationssuche und -bearbeitung sowie Kommunikation abgefragt wurden. Diese Verengung des Kompetenzbegriffs führt dazu, dass andere Aspekte, wie z. B. die Fähigkeit, Produkte und Präsentationen zu erstellen, oder ein reflektierter Umgang mit digitalen Medien nicht berücksichtigt wurden.
Ergebnisse
Das Autorenteam konnte Einflussvariablen auf die Unterschiede in der Medienkompetenz von Schülerinnen und Schüler nachweisen. Nur ein kleiner Teil der Varianz konnte an Unterschieden zwischen den Klassen festgemacht werden. Der vergleichsweise hohe Einfluss von individuellen Faktoren ließe sich auch möglicherweise dadurch erklären, dass digitale Medien im Unterricht der befragten Schülerinnen und Schüler bisher nicht ausreichend eingesetzt wurden. Anknüpfungspunkte für zukünftige Forschungsvorhaben sind beispielsweise die Weiterentwicklung der Kompetenzmessung auf ein breiteres Verständnis der Medienkompetenz. Zudem könnte durch eine Vergrößerung der untersuchten Stichprobe auch der Einfluss der Schulebene untersucht werden.
In der Studie wurde nachgewiesen, dass sowohl der Bildungsstand der Eltern als auch die Einstellung der Eltern einen Einfluss auf die Kompetenz haben können. Auf diesen in der Studie nachgewiesenen Zusammenhang könnte in der Praxis eingegangen werden, indem Eltern über den positiven Nutzen von digitalen Medien für die berufliche Zukunft ihrer Kinder informiert werden. Zudem erreichten Schülerinnen und Schüler, die Kontrollstrategien einsetzten, und Schülerinnen und Schüler mit höherer analytischer Intelligenz tendenziell bessere Punktzahlen. Daraus könnte abgeleitet werden, dass insbesondere Schülerinnen und Schüler, die größere Schwierigkeiten beim Planen, Überwachen und Regulieren ihrer Lernprozesse haben, besondere Unterstützung beim Erwerb von Medienkompetenzen benötigen. Auch das Geschlecht erwies sich als signifikanter Prädiktor für die Medienkompetenz. Die Beobachtung, dass Mädchen signifikant mehr Punkte erreichten als die Jungen, könnte auf die bei Mädchen häufig beobachtete höhere Nutzungsfrequenz von Kontrollstrategien (Ziegler & Dresel, 2006) zurückzuführen sein. Der ebenfalls signifikante Einfluss der Selbstwirksamkeitserwartung auf die erreichte Punktzahl deutet darauf hin, dass die Schülerinnen und Schüler in der Lage sind, ihre Medienkompetenzen selbst gut einzuschätzen.
Aus der bei den meisten Schülerinnen und Schülern eher gering ausgeprägten Medienkompetenz und dem geringen Einfluss der auf digitale Medien bezogenen Faktoren sowohl auf individueller als auch auf schulischer Ebene leitet das Autorenteam zwei Schlüsse ab. Erstens führt der häufige Kontakt mit digitalen Medien in der Freizeit nicht automatisch zu einer höheren Kompetenz. Zweitens sollten Lehrkräfte lernen, Schülerinnen und Schüler mit geringer Medienkompetenz zu identifizieren, um sie besser fördern zu können. In Anbetracht dieser Beobachtung lässt sich eine wichtige Schlussfolgerung auf die Gestaltung von Unterricht mit digitalen Medien ziehen: Es kommt nicht darauf an, mit der neuesten Technik innovative Lehrformen einzusetzen, sondern es sollte gleichzeitig die Heterogenität der Schülerschaft im Blick behalten und im Unterricht berücksichtigt werden.
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